Seine Eloise

Was zum Teufel geschah hier?

Für einen Sekundenbruchteil traf sich sein Blick mit meinem, hielt mich fest. Neugierig. Berechnend. Interessiert.

Nein.

Ich zwang mich zu atmen und schob die lächerliche Wärme, die sich in meiner Brust ausbreitete, beiseite. Was stimmte nicht mit mir? Er ist ein LaCroix. Einer von ihnen. Eine Bedrohung. Könnte grausamer und tödlicher sein.

Ich meine, er sieht so aus, ich sollte mich nicht von ihm angezogen fühlen,

„Damien!“ Shallows raue Stimme zerschlug den Moment.

Sein kräftiger Arm zog sich enger um meine Taille, drückte mich fester an seine Seite, als könnte er die Veränderung in der Luft spüren und musste mich daran erinnern, wem ich gehörte.

„Mein Sohn, willkommen zu Hause.“

Sohn?

Ich blinzelte. Damien ist nicht sein Sohn.

Das stimmt. Er ist Shallows Neffe.

Es sind fünfzehn Jahre vergangen, seit er hier war. Er kehrte nicht zurück, nachdem sein Vater, der ehemalige Don, gestorben war. Und jetzt, zwei Monate später, war er endlich zurück.

Um seinen Vater zu beerdigen.

Damien sagte nichts.

Keine Wärme, keine Trauer, nur Eis.

Ausdruckslos. Distanziert.

Als hätte er schon mehr als nur seinen Vater begraben.

Und irgendwie machte ihn das noch gefährlicher.

„Wie war deine Reise?“

„Wir haben dich vermisst.“

„Du siehst noch größer aus.“

Jeder hatte etwas zu ihm zu sagen, außer mir, und dennoch kehrte sein Blick immer wieder zu mir zurück.

Immer und immer wieder, trotz der Begrüßungen, des Gemurmels, der bedeutungslosen Höflichkeiten, die zwischen der LaCroix-Familie ausgetauscht wurden.

Und Shallow bemerkte es.

Mit einem widerlichen Kichern nutzte er den Moment, zog mich noch näher heran, seine schwere, fettige Hand glitt über meine Taille, über meine Hüfte. „Diese Schönheit hier, Damien, das ist meine Frau.“

Ich versteifte mich, als seine Finger zu lange verweilten, drückten, beanspruchten. Seine andere Hand glitt träge meinen Arm hinauf, streifte die freiliegende Haut meiner Schulter auf eine Weise, die Übelkeit in mir aufsteigen ließ.

Er lachte erneut und wandte sich an seinen lange verschollenen Neffen. „Ist sie nicht etwas? Weich, warm,“ Er grinste, seine Stimme wurde tiefer. „Und unberührt.“

Hitze stieg in meine Wangen. Ekel. Demütigung. Wut.

Die anderen lachten, ihre wissenden Lächeln ließen mich auf eine Weise schmutzig fühlen, der ich nicht entkommen konnte.

Aber Damien…

Er lachte nicht.

Er sagte nichts. Beobachtete nur.

Dann überbrückte er die Distanz.

Langsam, absichtlich, kontrolliert.

Und als er vor mir stehen blieb, zu nah, zu intensiv, zu überwältigend, hielt er meinen Blick viel zu lange, das Gewicht seiner Augen ließ meinen Puls rasen.

Ich zwang mich zu sprechen und neigte leicht den Kopf. „Willkommen, Damien.“

Aber anstatt zu antworten,

Hob er seine Hand. Handfläche nach oben.

Ich runzelte die Stirn. Was…?

Für einen Sekundenbruchteil dachte ich, er würde um einen Tanz bitten. Tat er das?

Ein nervöses Zittern durchfuhr mich, als ich zu Shallow blickte.

Sein Lächeln war noch da, aber etwas hatte sich verändert. Seine Finger zuckten gegen meine Hüfte. Sein Atem vertiefte sich. Nervös? Shallow?

Die Erkenntnis ließ eine neue Welle der Unruhe durch mich strömen.

Langsam hob ich meine Hand.

Und legte sie in Damiens.

In dem Moment, als unsere Haut sich berührte, atmete er scharf ein.

Was?

Seine Finger schlossen sich fest um meine, fest, warm, verweilend. Mein Körper schauderte, nicht vor Angst, nicht vor Ekel, sondern vor etwas anderem. Etwas, das ich nicht fühlen sollte.

Seine grauen Augen ließen meine nicht los, als er meine Hand mit Absicht hob.

Und dann,

Seine Lippen strichen über mein Handgelenk.

Ein langsamer, absichtlicher Kuss.

Oh mein Gott.

Ich schauderte, Gänsehaut, mein Körper.

Hitze. Intensität.

Ein plötzlicher, elektrischer Wandel in der Luft, der mir den Atem raubte.

Und als Damien sich zurückzog, die Augen dunkel, unergründlich, wusste ich.

Was auch immer gerade zwischen uns passiert war... es war gefährlich.

„Lass uns hineingehen,“ verkündete Shallow, seine Stimme dick vor Autorität.

Niemand widersprach ihm.

Wir alle zogen in den großen Speisesaal, wo ein langer, prächtiger Tisch mit feinem Porzellan und überquellenden Gerichten gedeckt war – ein widerlicher Kontrast zu dem Gewicht in meiner Brust.

Shallow nahm den Platz an der Stirnseite ein, Damien zu seiner Rechten, und ich wurde, wie immer, zu seiner Linken gesetzt.

Gefangen. Seine beiden Söhne, höhnisch und grausam, saßen neben Damien, und ihre ebenso boshafte Schwester lag mit einem höhnischen Lächeln am Ende des Tisches.

Das Gespräch begann, wenn man es so nennen konnte.

Shallow plapperte weiter, sprach mit erzwungener Vertrautheit zu Damien, warf Geschäftsupdates, Mafia-Politik und derbe Witze zwischen Schlucken von teurem Wein ein.

Er liebte es, sich selbst reden zu hören.

Damien jedoch… hörte kaum zu.

Ich konnte seine Augen auf mir spüren.

Das Gewicht seines Blicks war wie eine physische Berührung, die über meine Haut strich, unentschuldbar, intensiv, unerschütterlich.

Warum?

Ich war seine Schwiegertante.

Eine verheiratete Frau.

Doch am anderen Ende des Tisches versuchte er nicht einmal, subtil zu sein. Seine grauen Augen brannten in meine, scharf und prüfend, als wolle er mich durchschauen.

Ich zwang mich zu essen. So zu tun, als wäre er nicht da.

Doch jeder Bissen fühlte sich falsch an, das Essen plötzlich geschmacklos, mein Appetit verschwunden.

Und Damien… beobachtete weiter.

Sprach nicht viel, gab nur knappe, distanzierte Antworten auf Shallows endlose Fragen, während er langsame, gemessene Bissen von seinem Essen nahm und den Kopf leicht neigte, als amüsierte ihn mein Unbehagen.

Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken.

Genug.

Ich biss die Zähne zusammen und schob meinen Teller leicht nach vorne. Ich konnte das nicht mehr.

Dann,

Shallows dicke Finger schossen hervor und packten mein Kinn in einem eisernen Griff.

Ich keuchte, zuckte zusammen, aber sein Griff wurde fester und zwang mich, ihn anzusehen.

„Geht es dir gut, mein Schatz?“ Seine Stimme war widerlich süß, aber sein Griff, sein Griff war Strafe.

Ich kämpfte um Fassung und zwang ein kleines, angestrengtes Lächeln.

„Es geht mir gut, Papi,“ murmelte ich.

Seine Lippen kräuselten sich zufrieden, und schließlich, gnädigerweise, ließ er mich los.

Ich blinzelte schnell und schluckte schwer, als das Blut zurück in mein Kinn strömte. Verdammt. Ich musste weg, bevor ich erstickte.

Ich schob meinen Stuhl zurück und erhob mich zitternd.

Shallows Kopf schnellte sofort zu mir herum. „Wo willst du hin, mein Schatz?“

Ich schluckte gegen den Kloß in meinem Hals.

„Ich brauche nur einen Moment, Papi. Frische Luft.“

Seine Augen verengten sich. Der Raum wurde still.

Dann, endlich,

Er lachte. Ein tiefes, besitzergreifendes, wissendes Lachen.

„Lass mich nicht zu lange warten, Eloise.“ Seine Stimme senkte sich, eine stumme Warnung. „Du musst mich heute Abend noch stolz machen.“

Ein Schaudern durchfuhr meinen Körper.

Ich nickte schnell, verzweifelt darauf bedacht, wegzukommen.

Aber als ich mich umdrehte und zum Ausgang ging, machte ich den Fehler, aufzusehen.

Direkt in Damiens Augen.

Oh mein Gott.

Sein Blick, intensiv, dunkel, heiß.

Als hätte er gerade etwas herausgefunden.

Ich ging direkt ins Badezimmer.

Zuerst pinkelte ich. Einfach, routinemäßig. Doch selbst das Sitzen auf der Toilettenkante schickte scharfe Schmerzstiche durch meine Oberschenkel. Blaue Flecken. Von ihm.

Ich säuberte mich, wusch mich und trat hinaus, ohne auch nur einen Blick in den Spiegel zu werfen. Ich wollte mich nicht sehen.

Nicht so.

Die Luft draußen war kühler. Ich ging zum Balkon, meine Absätze klickten leise auf dem Boden. Atmen. Ich musste atmen.

Ich stand da, starrte in die Nacht, leerte meinen Geist.

Dann,

Ein Schritt.

Ich versteifte mich.

Shallow. Es musste einer seiner Männer sein, geschickt, um mich zurückzuholen. Wie immer.

Doch dann,

Ein Geräusch.

Ein Knurren. Tief, kühl.

Und eine Stimme.

„Bonne soirée, mon Éloise.“

Guten Abend, meine Eloise.

Mein Atem stockte.

Meine? Seine?

Wie?!

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