Kapitel 4: Regeln

Gewaltsam gebadet und in diese opulenten Seidengewänder gekleidet, wurde Isabella Lady Theda, der Hüterin des Harems, vorgestellt, einer mittelalten Frau, die in ihrem nun gealterten Gesicht die Erinnerungen an eine Jugend großer Schönheit zu tragen schien. Gekleidet in eine prächtige Robe und einen Schleier, betrachtete Lady Theda sie mit einer Mischung aus Verachtung und Amüsement. Während Isabella vor der Frau stand, die Luft schwer von Spannung, sträubte sie sich gegen den verächtlichen Ton in der Stimme der Frau. Ihre Augen blitzten vor Empörung, als Lady Theda sie als „Lady Isabella“ ansprach, ein Titel, der der königlichen Würde beraubt war, an der sie noch immer festhielt.

„Ich bin Prinzessin Isabella von Allendor“, korrigierte sie scharf, ihre Stimme von Stahl durchzogen. „Und ich verlange, so angesprochen zu werden.“

Lady Thedas Lippen verzogen sich zu einem grausamen Lächeln, Amüsement tanzte in ihren Augen, als sie die trotzige Prinzessin vor sich betrachtete. „Prinzessin Isabella, nicht wahr?“ sinnierte sie, ihr Ton triefend vor Sarkasmus. „Wie niedlich. Aber du musst verstehen, meine Liebe, innerhalb dieser Mauern haben deine alten Titel keine Bedeutung. Du bist keine Prinzessin mehr – du bist lediglich ein Objekt, um die Wünsche des Königs zu erfüllen.“

Isabellas Fäuste ballten sich an ihren Seiten, ihre Nägel gruben sich in ihre Handflächen, während sie darum kämpfte, ihre Wut zu unterdrücken. Bevor sie antworten konnte, fuhr Lady Theda fort, ihre Stimme eisig vor Verachtung. „Du solltest dich glücklich schätzen, überhaupt noch am Leben zu sein, Lady Bella. Viele, die dem Drachenkönig trotzen, leben nicht lange genug, um die Geschichte zu erzählen. Aber du – du wurdest verschont, vorerst.“

Isabellas Wut brannte heiß in ihr, aber sie wusste, dass sie machtlos war, Lady Thedas Autorität herauszufordern. Mit einem bitteren Geschmack im Mund hörte sie zu, wie die Hüterin des Harems die Regeln erklärte, die das Leben innerhalb seiner opulenten Grenzen bestimmten.

„Im Harem ist Gehorsam oberstes Gebot“, intonierte Lady Theda, ihre Stimme wie ein Peitschenknall in der Luft. „Du wirst tun, was dir gesagt wird, ohne Frage oder Zögern. Dein einziger Zweck hier ist es, den König zufriedenzustellen, wie auch immer er es wünscht. Wenn du dich weigerst, wirst du die Konsequenzen tragen.“

Als das Gewicht von Lady Thedas Worten auf ihr lastete, fühlte Isabella eine kalte Angst in ihre Knochen sickern. Gefangen innerhalb der Grenzen des Harems wusste sie, dass ihr Trotz nur weiteres Leid einladen würde. Und so, mit schwerem Herzen und einer Seele, die vor Empörung brannte, bereitete sie sich darauf vor, sich dem grausamen Schicksal zu fügen, das sie als Konkubine des Drachenkönigs erwartete.

Als Lady Theda ging und Isabella allein mit ihren stürmischen Gedanken zurückließ, senkte sich eine schwere Stille über den Harem. Mit zitternden Händen glättete Isabella die kunstvollen Falten ihrer Seidenroben, ihr Geist ein Wirbelsturm widersprüchlicher Gefühle.

Von der bedrückenden Atmosphäre des Harems erstickt, fühlte sich Isabella zum Eingang hingezogen, der zurück zum Badehaus führte. Als sie nach draußen trat, streichelte die warme Brise ihre Haut und trug den Duft exotischer Blumen und das ferne Plätschern von Wasser mit sich.

Vor ihr erstreckte sich ein üppiger Garten, der im sanften Schein des späten Sonnenlichts erstrahlte. Der Anblick raubte ihr den Atem—leuchtende Blüten in allen Farben tanzten im sanften Wind, ihre Blütenblätter funkelten wie Juwelen in der Nacht. Es war ein scharfer Kontrast zu den kalten Steinwänden, die zu ihrer Realität geworden waren.

Mit zögerlichen Schritten wagte sich Isabella weiter in den Garten, ihr Herz schwer vor Kummer und Sehnsucht. Jede Blume schien eine melancholische Melodie zu flüstern, eine eindringliche Erinnerung an all das, was sie verloren hatte—die Wärme der Umarmung ihrer Familie, das Lachen ihres Volkes, die Freiheit, ihr eigenes Schicksal zu bestimmen.

Allein inmitten des Meeres von Blüten erlaubte sich Isabella zu weinen, stille Tränen vermischten sich mit den Tautropfen, die die Blütenblätter schmückten. Sie trauerte um ihre gefallenen Verwandten, um die treuen Untertanen, die ihr Königreich verteidigt hatten, um den Tod des Lebens, das sie einst gekannt hatte.

Während Isabellas Tränen frei unter den duftenden Blüten flossen, durchbrach eine sanfte Stimme die Stille, was sie erschreckte. Als sie sich umdrehte, stand sie einer schönen jungen Frau gegenüber. Sie hielt ein Buch in den Händen und strahlte eine ruhige Anmut aus.

„Ich konnte deine Schluchzer nicht überhören,“ sagte die Frau sanft, ihre Augen voller Mitgefühl. „Ich bin Alicent.“

Isabella blinzelte ihre Tränen weg, ihr Herz immer noch schwer vor Trauer, aber sie spürte einen Hauch von Dankbarkeit für die unerwartete Freundlichkeit. „Ich bin Isabella,“ antwortete sie leise, ihre Stimme heiser vom Weinen.

Alicents Blick wurde weicher vor Mitgefühl, als sie Isabellas zitternde Gestalt betrachtete. „Lady Theda kann einschüchternd sein, besonders für Neulinge,“ sagte sie, ihre Stimme von Verständnis durchzogen. „Aber sie versucht nur, ihre Autorität durchzusetzen. Du darfst dich von ihren Worten nicht zu sehr verunsichern lassen.“

Isabella nickte, dankbar für die Zusicherung, doch die Erinnerung an Lady Thedas eisige Warnungen lingerte immer noch in ihrem Kopf wie ein dunkler Schatten. „Was ist mit dem Drachenkönig?“ fragte sie zögerlich, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Was soll ich von ihm erwarten?“

Alicents Ausdruck wurde ernst, ihre Augen verrieten einen Hauch von Angst unter ihrer ruhigen Fassade. „Der König hat seine Favoritinnen unter seinen Frauen,“ erklärte sie leise. „Solange du den Kopf unten hältst und keine Schwierigkeiten machst, wird er dich wahrscheinlich in Ruhe lassen.“ Sie verstummte, ihre Worte hingen in der Luft wie eine unausgesprochene Warnung.

Isabellas Erleichterung wurde von einem anhaltenden Gefühl der Unruhe getrübt. Obwohl Alicents Worte einen Funken Hoffnung boten, konnte sie die Erinnerung an das kühle Dekret des Königs nicht abschütteln—dass sie als seine Konkubine dienen, ihm ein Kind gebären und danach ihr Ende finden würde.

Als sie zurück zu den imposanten Mauern des Palastes blickte, wusste Isabella, dass ihre Reise noch lange nicht vorbei war. Der Weg vor ihr würde voller Unsicherheit und Gefahr sein, aber sie weigerte sich, der Verzweiflung zu erliegen. Mit Alicents Worten in ihrem Kopf wusste sie, dass sie die tückischen Gewässer des Harems mit Vorsicht navigieren musste, in der Hoffnung, dem Blick des Königs zu entgehen und den Funken Hoffnung, der in ihrem Herzen brannte, festzuhalten.

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