Kapitel 4 Für dich verantwortlich
Die Nacht war wild und zog sich bis zum ersten Licht der Morgendämmerung.
Als der Wahnsinn in ihm endlich nachließ, kämpfte David darum, seinen schweren Körper zu heben. Im schwachen Morgenlicht sah er Lily unter sich. Selbst jemand so abgebrüht wie er hielt den Atem an.
Ihr Gesicht war ein einziges Chaos, überzogen mit getrockneten Tränenspuren, ihre Lippen gebissen und blutend, und ihr Hals war von dunklen Flecken seiner Küsse übersät.
Er musste sie sofort ins Krankenhaus bringen!
Das Auto raste die Bergstraße hinunter, der Autopilot leuchtete in einem sanften Blau. Auf dem Rücksitz war Davids rechter Arm in einem unnatürlichen Winkel gebogen, doch er hielt Lily fest umschlungen. Ihr durchnässter Körper war kalt, ihre Haare klebten an ihren blassen Wangen, so zerbrechlich wie zersprungenes Porzellan.
Er strich ihr das Haar aus der Stirn und seine Finger berührten einen tiefvioletten Bluterguss, wobei sich seine Stirn in Falten legte. „Bist du absichtlich von dieser Klippe gesprungen, um mir näher zu kommen? Oder war es wirklich nur ein Zufall...?“
Plötzlich keuchte Lily, ihre heißen Tränen tränkten sein blutbeflecktes Hemd. Davids Arm zog sich zusammen, was einen stechenden Schmerz durch seine Schulter jagte. Ihr Sturz hatte seinen Arm zu einem Kissen gemacht, und nun linderte der Schmerz der gebrochenen Knochen seltsam die Hitze in seiner Kehle.
„Scheiße! Was jetzt?“ Daniel Wilson wurde von seinem schrill klingelnden Telefon aus dem Schlaf gerissen, träumend von einem Kampf mit einem Defibrillator.
Kaum hatte er abgehoben, traf ihn Davids metallische Stimme, kalt und direkt. „Sei in einer halben Stunde da. Rette sie.“ Der Anruf endete abrupt und hinterließ nur ein Besetztzeichen.
„David, du Wahnsinniger!“ schrie Daniel ins Telefon und war sofort hellwach. Er fluchte, als er aus dem Bett sprang, seine zerknitterte Uniform vom Nachttisch griff und zur Tür hinaus stürmte. Der Motor seines Autos dröhnte durch die stille Nacht.
Als er durch den Notfalleingang stürmte, stand Davids vertrauter Maybach bereits da, hastig geparkt.
Die hintere Tür flog auf, und Daniel wäre beinahe in Ohnmacht gefallen bei dem Anblick—
Davids maßgeschneidertes Hemd, von dem man sagte, es koste so viel wie eine Wohnung, war zerknittert und durchnässt, klebte an ihm. Sein rechter Arm hing in einem unmöglichen Winkel, doch mit dem linken Arm hielt er eine Frau in eine große Anzugjacke gehüllt fest umschlungen.
„David!“ Daniel wollte fast auf ihn losgehen, seine Stimme heiser. „Mit wem zum Teufel hast du gekämpft? Dein Arm sieht so aus, und du hältst sie immer noch? Leg sie ab!“ Er streckte die Hand aus, um Lily zu nehmen.
David drehte sich scharf um, schützte sie mit seiner guten Seite und verursachte, dass sein rechter Arm heftig zuckte.
Er biss die Zähne zusammen und brachte ein heiseres Kommando heraus: „Halt die Klappe! Untersuche sie zuerst!“
Die Jacke rutschte ab und enthüllte Lilys leblose, blutüberströmte Gesicht und die schrecklichen Blutergüsse um ihren Hals und Schlüsselbein. Selbst Daniel, der an Blut und Gewalt gewöhnt war, hielt den Atem an.
Davids mörderischen Blick ignorierend, trug er Lily in den nächstgelegenen Notfallraum und legte sie sanft auf das Bett. Die kalten Laken ließen sie sich unruhig in ihrem bewusstlosen Zustand bewegen.
„Pass auf sie auf!“ bellte David, schweißgebadet, zu Daniel, bevor er in den benachbarten orthopädischen Raum stolperte und seinen verletzten Arm dem wartenden Arzt übergab.
Daniel, dessen Stirnadern hervortraten, hatte keine Zeit zu diskutieren. Er zog den Vorhang zu und begann, Lily zu behandeln. Je mehr er sie untersuchte, desto kälter wurde ihm ums Herz. Als er die Ergebnisse des Schnelltests sah, stieg Wut in ihm auf.
Der Orthopäde hatte gerade Davids Arm mit einer Metallschiene stabilisiert, als die Tür aufsprang. Daniel stürmte herein und knallte einen noch warmen Laborbericht auf Davids Brust.
„David! Du gibst dich rein und unbeteiligt, aber in Wirklichkeit bist du ein Sadist! Gib es zu! Hast du ein krankes Spiel gespielt?“ Daniels Brüllen ließ die Lichter im Raum erzittern.
David, dem die Ohren von dem Schrei klingelten, senkte schweigend den Kopf.
Sein Blick fiel auf seine rechte Hand, und Erinnerungen an die chaotische, gewalttätige Szene am Teich blitzten vor ihm auf...
„Es ist meine Schuld.“ Davids Stimme war rau wie Sandpapier.
Das seltene Geständnis ließ den Orthopäden stolpern und seine sterilen Pinzetten fallen.
Der Arzt sah aus, als hätte er einen Geist gesehen, und wagte es nicht, in Davids Gegenwart zu atmen.
Daniel lachte bitter, zeigte auf den Bericht und die Blutergüsse, seine Brust hob und senkte sich vor Zorn. „Deine Schuld? Wirklich? Du hättest sie fast umgebracht! Muskelrelaxantien! Natriumhydroxid-Verätzungen in ihrem Hals! Wie konntest du das tun?“
Eine schwere Stille legte sich über den Raum.
Davids Augen verengten sich scharf.
Muskelrelaxantien... Natriumhydroxid... Er erinnerte sich an Details, die durch die Drogen unterdrückt worden waren: ihr unnatürlich schlaffer Körper im Teich, ihre schwachen Kämpfe...
Er hatte gedacht, sie wäre nur stur, würde schweigen, um ihm zu trotzen, vielleicht ihn sogar zu verführen. Er dachte, ihre gebrochenen Schluchzer seien Teil eines verdrehten Spiels...
Aber nein...
Sie war auch betäubt worden?
Ein winziger Riss erschien in Davids kaltem Urteil. Vielleicht war es wirklich nur ein verdammter Zufall, keine vorsätzliche Falle?
„Kann sich ihr Hals erholen?“ Die Dringlichkeit in seiner Frage überraschte selbst ihn.
Daniel, der die Schiene festzog, flammte wieder auf vor Wut. „Jetzt kümmert es dich? Wo war diese Sorge letzte Nacht? Du wolltest sie umbringen!“ Der Schmerz ließ Davids Stirn mit Schweißperlen bedecken, sein Hals zog sich krampfhaft zusammen, als er seine Stöhnen unterdrückte.
Daniel, der Davids blasse Lippen zu einer Linie gepresst sah, schnaubte. „Zumindest hast du ein Gewissen! Ihr Hals ist schwer verbrannt, ihre Stimmbänder sind beschädigt, aber nicht zerstört. Es kann behandelt werden, aber der Prozess wird schmerzhaft und langwierig sein. Ich werde alles tun, um sie zu heilen! Was das psychologische Trauma angeht,“ er starrte David an, „das ist deine Schuld, die du begleichen musst!“
Während sie sich gegenüberstanden, leuchtete Daniels Telefon mit einer lokalen Nachrichtenmeldung auf. Die Schlagzeile lautete: „Skandal in Harmony City! Lily, Tochter der Familie Martin, beschuldigt, mit Entführern zu konspirieren, springt aus Schuldgefühlen von einer Klippe!“
