Kapitel 3 - Blutergüsse
Die Regale der Speisekammer ragten um mich herum auf, hoch beladen mit Einmachgläsern, Getreidekisten und Kisten mit getrockneten Wurzeln. Die Luft war kühl und schwer, erfüllt von den erdigen Düften von Kartoffeln, Zwiebeln und getrockneten Kräutern. Staub bedeckte meine Handflächen, als ich mit einem Grunzen den letzten Sack Mehl absetzte und mich langsam aufrichtete, während meine Schultern protestierten. Meine Muskeln schmerzten, ein dumpfes Pochen, das sich tief in meinen Knochen festsetzte. Lyras Aufgaben zusätzlich zu meinen eigenen zu erledigen, hatte mich erschöpft, aber das war nichts Neues.
Wenn ich schnell arbeitete, könnte ich verschwunden sein, bevor es jemand bemerkte. Ich könnte in den Flur hinausschlüpfen, zurück in die Schatten, wohin ich gehörte. Kopf gesenkt, Stimme leise, kein Grund für irgendjemanden, mich aufzuhalten. In Bewegung bleiben. Weiteratmen.
Die Scharniere ächzten. Die Tür der Speisekammer quietschte hinter mir auf.
Ich erstarrte, und die feinen Härchen in meinem Nacken stellten sich auf.
Dann hörte ich es.
Gelächter.
Nicht das warme, helle Lachen, das ich manchmal von den anderen aufschnappte, wenn sie zusammen am Feuer saßen, sondern ein scharfes, grausames Lachen, das mich wie Messerstiche durchbohrte.
„Na, sieh mal an“, säuselte Lyras Stimme, süß wie Honig, aber mit einem giftigen Unterton. „Wenn das nicht die kleine Hausmaus ist. Tust du immer noch so, als würde dich jemand bemerken, wenn du nur genug Wäsche faltest und genug Bohnen zählst?“
Mir wurde schlecht und mein Magen verkrampfte sich, aber ich zwang mich, mich nicht umzudrehen. Meine Hand streifte die Holzkiste neben mir, und meine Finger krallten sich in die Kante, um sie am Zittern zu hindern.
„Ich tue nur, was verlangt wird“, murmelte ich und hoffte, dass meine Stimme fest blieb, obwohl mein Hals vor Anstrengung schmerzte.
Zwei weitere Schatten schlüpften hinter ihr herein – Callie und Rina. Immer ihre Schatten. Immer ihr Echo. Callie lehnte sich lässig mit verschränkten Armen an eines der Regale, während Rina eine Haarsträhne um ihren Finger wickelte. Beide grinsten, als hätten sie bereits ein Spiel gewonnen, dem ich nicht einmal zugestimmt hatte. Ihre Blicke glitten wie auf Kommando über mich, scharf und hungrig, wie Wölfe, die etwas Kleines und Schwaches in die Enge getrieben hatten.
„Verlangt?“, wiederholte Callie spöttisch. Sie warf ihr Haar zurück und stieß ein hohes, kreischendes Lachen aus. „Glaubst du wirklich, Hausarbeiten machen dich irgendetwas wert? Denkst du, sie machen dich eines Tages zur Luna? Du wirst niemals anerkannt werden, Kira. Du gehörst nicht hierher.“
Hitze schoss mir ins Gesicht, aber ich biss mir auf die Zunge. Wenn ich zurückgiftete, würde ich sie nur noch mehr anstacheln.
Lyras Schritte klickten leise auf dem Steinboden, als sie näher kam. Ihr Parfüm hüllte mich ein, aufdringlich und erstickend. „Keine Sorge“, sagte sie sanft. „Ich werde dafür sorgen. Die Versammlung ist nichts für schüchterne kleine Niemande, die nicht einmal ihren Platz kennen.“
Etwas in mir verkrampfte sich – eng, scharf, unerträglich. Endlich drehte ich mich um und umklammerte die Kiste, um mich daran festzuhalten. Meine Stimme brach, schärfer als beabsichtigt. „Ihr könnt mich nicht aufhalten. Die Ältesten selbst haben den Befehl erteilt. Nicht einmal du kannst dich gegen sie stellen, ohne dich lächerlich zu machen.“
Die Worte hingen in der Luft wie das Echo einer fallenden Klinge.
Callies Grinsen schwand und ihre Augenbraue hob sich überrascht. Rinas spöttisches Lächeln wich einem Stirnrunzeln. Aber Lyra – Lyras Lächeln wurde nur fester, ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.
„Ach, wirklich?“, flüsterte sie und umkreiste mich, als würde sie mich ausmessen, als könnte sie meine Angst bereits schmecken. Sie neigte den Kopf, ihre grünen Augen funkelten boshaft. „Vielleicht kann ich die Ältesten nicht aufhalten. Aber ich kann dafür sorgen, dass kein Alpha dich auch nur eines zweiten Blickes würdigt.“
Mein Puls raste und hämmerte schmerzhaft gegen meine Rippen.
Ihr Blick wurde schärfer, ihre Stimme sank zu einem Zischen. „Und noch etwas. Hör auf, mit Darin zu flirten. Ich habe gesehen, wie er dich in der Höhle angestarrt hat.“
Die Anschuldigung traf mich hart. Hitze schoss mir in die Wangen, während ich hastig den Kopf schüttelte. „Das habe ich nicht …“
„Doch, hast du“, fiel Rina ihr ins Wort, ihr Lachen klang falsch und grausam. Sie trat näher, ihre Augen blitzten belustigt. „Das ist das Problem mit dir, Kira. Du stehst da mit deinen gesenkten Augen und tust so, als wärst du sanftmütig und unschuldig. Aber du lässt es so aussehen, als würdest du denken, du wärst besser als wir anderen.“
„Das tue ich nicht …“, stammelten meine Worte hervor, dünn und verzweifelt.
„Genug.“ Lyras Stimme schnitt durch meine, kalt und endgültig. Sie warf Callie und Rina einen Blick zu, ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. „Bringen wir ihre kleine Show in Ordnung. Zerschlagen wir ihr hübsches Gesicht. Mal sehen, ob sie dann noch jemand anstarrt.“
Die Worte ließen mich erstarren. Mir stockte der Atem, meine Brust zog sich zusammen, bis ich kaum noch Luft bekam.
Callies spöttisches Lächeln wurde breiter, ihre Augen glitzerten. Sie rollte die Schultern wie eine Kämpferin, die sich aufwärmt, und ließ ihre Fingerknöchel einen nach dem anderen knacken. „Gerne.“
Auch Rina grinste und trat neben sie, ihr Gesichtsausdruck war voller Vorfreude. „Eine Lektion ist bei ihr längst überfällig.“
Mein Rücken prallte gegen die Regale hinter mir. Gläser klirrten gefährlich, ihr Inhalt bewegte sich durch die Erschütterung. Meine Lungen rangen nach Luft, die nicht kam.
„Nicht“, flüsterte ich, der Ton brach mir in der Kehle. Meine Stimme war kaum mehr als ein Hauch. „Bitte, tut das nicht.“
Lyra grinste nur noch breiter, ihre Schönheit zu etwas Bösartigem und Kaltem verzerrt. Sie neigte den Kopf und sah zu, wie ich mich wie ein gefangenes Tier gegen die Regale presste. „Oh, süße Schwester“, murmelte sie. „Du hättest einfach still sein sollen.“
Und dann stürzte Callie sich auf mich.
