Prolog

Prolog

Mai 1999

Das Zuschlagen der großen Buntglastür riss die grauhaarige Dame aus ihrer Trance. Sie lehnte sich gegen die makellosen Küchentheken und beobachtete, wie ihre jugendliche Enkelin über die Diele hüpfte. Das Mädchen ließ ihre Schultasche fallen und drehte sich unbekümmert über den Boden. Rachel Anderson seufzte tief und schob sanft die kleine hölzerne Schmuckschatulle auf der Theke.

„Es gibt wirklich keinen Weg daran vorbei“, sagte sie der kleinen gelben Tigerkatze, die sich zu ihren Füßen zusammengerollt hatte. „Ich wusste, dass dieser Tag irgendwann kommen würde, und alle Zeichen sagen mir, dass er es nun ist.“ Die Katze antwortete, indem sie den Kopf hob und ihr ein leises Miauen schenkte. „Ich werde sie wirklich vermissen“, flüsterte Rachel. „Shayne, kannst du mal kurz herkommen, Schatz?“ rief die alte Frau.

Ein mädchenhaftes Kichern antwortete ihr, als Shayne Anderson Burdette in der Küche im Landhausstil erschien, als wäre sie einfach aus dem Wohnzimmer geschwebt. Sie war groß und schlank, mit dem muskulösen Körper und der Anmut einer kraftvollen Tänzerin. Die Achtzehnjährige wickelte gedankenverloren ihre langen roten Locken um ihren Finger. Ihre strahlend smaragdgrünen Augen tanzten über ihren hübschen irischen Wangenknochen. Rachel konnte nicht anders, als zu lächeln; ihre Enkelin war kein Baby mehr, sie war eine wunderschöne junge Frau.

„Brauchst du etwas, Oma?“ Rachels Lächeln wurde breiter. Shayne war ein so süßes, gutherziges Mädchen. Sie konnte von Zeit zu Zeit etwas zerstreut sein, aber man hätte keine ehrlichere Seele treffen können. „Ich habe ein Geschenk für dich.“

Die ältere Dame überreichte Shayne die handgefertigte Walnusskiste, die einer altmodischen Zigarrenkiste ähnelte. Shayne hüpfte vor Aufregung, als sie den Schatz untersuchte. Sie strich vorsichtig mit den Händen über das kunstvoll geschnitzte Initial, bevor sie es öffnete. Ihre Finger fuhren liebevoll über das große Monogramm A, bevor sie die schöne Efeuranke umrundeten, die den Rand zierte.

Shayne öffnete die Kiste vorsichtig, um das empfindliche verborgene Scharnier nicht zu beschädigen. Ihre Hände zitterten, als sie vorsichtig das Medaillon aus dem violetten Futter der Kiste hob und den Behälter auf der Theke abstellte. Das Medaillon war ein großer Tropfen mit einem birnenförmigen violetten Stein in der Mitte. An der oberen Spitze befand sich ein kleiner runder orangefarbener Edelstein, der sie an die untergehende Sonne hinter einem Regentropfen erinnerte. Unter dem traubenfarbenen Edelstein waren zwei runde himbeerfarbene Steine symmetrisch auf jeder Seite eines etwas größeren hellrosa Ovals eingelassen. Die Steine waren mit filigranem Silberdraht verbunden und mit einer großen Öse versehen.

Das Licht schien von den farbigen Steinen auszustrahlen und einen schwachen Schein abzugeben. Es erinnerte sie daran, wie Sonnenlicht aussieht, wenn es durch Buntglasfenster gefiltert wird. Ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit erfüllte Rachel. „Ich wusste, dass es dir gefallen würde“, flüsterte sie. Tränen schossen Shayne in die Augen. „Es ist so wunderschön, danke“, sagte sie atemlos.

Rachel streckte die Hand aus und drückte Shayne in eine große Umarmung, als das Mädchen begann, das Medaillon über ihren Kopf zu ziehen. „Ich liebe dich, Shayne“, sagte ihre Großmutter. „Erinnere dich daran, wer du bist, und beschütze die Kette!“

Diese Worte hallten in Shaynes Ohren wider, als die Welt begann sich zu drehen. Die Erde schien sich zur Seite zu neigen, als sie spürte, wie sie in die Schwärze zu verschwinden begann. Ihre Knie gaben nach und sie fiel...

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