Kapitel 2
„Was tust du da, Magnus? Ich bin nicht in der Stimmung“, flehte Vivienne unter Tränen, als er den Gürtel ihres Bademantels lockerte.
Magnus ignorierte ihr verzweifeltes Bitten, sein boshaftes Lächeln wich nicht von seinen Lippen, während er den Gürtel mit Leichtigkeit öffnete. Schließlich fiel der Mantel auf und entblößte ihren zitternden Körper der kalten Nachtluft.
„Du bist meine Frau“, zischte Magnus, seine Stimme triefte vor Gift. „Und es ist deine verdammte Pflicht, mich sexuell zu befriedigen.“
Vivienne zuckte zusammen, als die Worte sie wie ein Schlag trafen.
„Also bin ich nur deine Frau, wenn du mich brauchst, um dich zu befriedigen?“, schrie sie, ihre Stimme brach unter der Last ihres Schmerzes. „So sehr ich dich auch zurückhaben will, Magnus, aber nicht so. Nicht auf diese verrückte Art und Weise!“
„Bin ich deine Frau oder nur deine Beute? Soll ich vor Angst zittern, während du dich wie ein Raubtier aufführst?“ Ihre Stimme bebte, doch Magnus nahm ihre Worte kaum wahr.
Ohne zu zögern, drückte er ihre Beine auseinander, sein Griff war kalt und unerbittlich.
In diesem Moment schwand Viviennes Widerstand. Ihn anzuflehen, würde offensichtlich nicht helfen. Mit herzzerreißender Klarheit wurde ihr bewusst, dass Magnus sie als nichts weiter als ein Objekt betrachtete, etwas, das er benutzen konnte, wann immer er wollte.
Ihre Gedanken drifteten in düstere Abgründe. In einem Punkt hatte er recht: Sie war vollkommen von ihm abhängig geworden, eine Hausfrau ohne finanzielle Freiheit oder einen Rest von Würde. Sie war nur noch eine zerbrochene Hülle der Frau, die sie einmal gewesen war, gefangen unter seinem Dach wie ein Vogel mit gestutzten Flügeln.
Magnus beugte sich näher, seine Hände wanderten über ihren Körper, als wäre sie ein Besitz und kein Mensch. „Spreiz deine verdammten Beine“, knurrte er. „Dafür wurdest du gemacht. Nichts als ein Schmarotzer und eine Goldgräberin.“
Seine Worte verletzten sie tiefer, als es jeder körperliche Schlag je gekonnt hätte. Sie starrte ausdruckslos an die Decke, während Tränen lautlos über ihre Wangen liefen.
Das letzte Mal, dass Magnus sie mit einem Funken Respekt behandelt hatte, war vor der Wohltätigkeitsgala, die sie Monate nach ihrer Hochzeit besucht hatten. Es war eine Zeit, in der sie noch an ein „glücklich bis ans Ende ihrer Tage“ glaubte. Doch diese Träume zerbrachen in dem Moment, als Elena wieder in ihr Leben trat.
Elena.
Allein der Gedanke an ihren Namen ließ Vivienne vor Wut und Verzweiflung übel werden. Sie war die Frau, die Magnus und seine Mutter anbeteten. In ihren Augen war Elena alles, was Vivienne niemals sein konnte – klüger, hübscher und fähiger.
Magnus’ Stimme durchbrach ihre Gedanken wie ein gezacktes Messer.
„Du bist nicht einmal mehr so eng wie früher“, höhnte er und stieß ohne Vorwarnung drei Finger in sie. „Hast du dich prostituiert, während ich mit Arbeit beschäftigt war?“
Vivienne schreckte zurück, Tränen raubten ihr die Sicht. „Du weißt, dass ich das niemals tun würde“, flüsterte sie, ihre Stimme kaum hörbar.
„Das dachte ich auch mal“, erwiderte Magnus kalt, seine Stöße wurden strafender. „Bis mir klar wurde, dass ich dich nie wirklich gekannt habe.“
Die Anschuldigung war so absurd, dass es ihr für einen Moment die Sprache verschlug. Ihre Tränen wurden heftiger, während sie dalag, seinem Gewicht hilflos ausgeliefert.
Als er endlich fertig war, rollte Magnus von ihr herunter, sein Gesicht ohne jede andere Regung als Verachtung.
„Manchmal bist du tatsächlich nützlich“, murmelte er und zog sich die Hose wieder an.
Vivienne blieb regungslos liegen, ihr Körper zitterte nach dem körperlichen und seelischen Angriff. Sie schloss die Augen und betete um die Kraft, einen weiteren Tag in dieser Hölle zu überleben.
Ein paar Minuten später, als sie die Augen wieder öffnete, war Magnus verschwunden.
Stöhnend setzte sie sich auf, ihr Körper schmerzte auf mehr als nur eine Weise. Langsam schleppte sie sich ins Badezimmer, wo sie sich gegen das Waschbecken lehnte und ihr Spiegelbild anstarrte. Die Frau im Spiegel war ihr fremd – ein Schatten des lebensfrohen, hoffnungsvollen Mädchens, das einst davon geträumt hatte, Ärztin zu werden.
Ihre Hand wanderte unwillkürlich zu ihrem Bauch, ein stummes Gebet entwich ihren Lippen. Bitte, lass das Baby in Ordnung sein.
Ja, sie war schwanger. Sie hatte den Test erst vor ein paar Tagen gemacht, nach wochenlanger Morgenübelkeit und Schwindel.
Die Erkenntnis traf sie wie eine Flutwelle. Sie konnte nicht zulassen, dass ihr Kind in diesem vergifteten Umfeld aufwuchs. Sie konnte nicht zulassen, dass Magnus irgendeinen Einfluss auf ihr Kind hatte. Er interessierte sich nicht für sie, und er würde sich ganz sicher nicht für das Baby interessieren.
Genau in diesem Moment traf Vivienne eine Entscheidung. Sie würde gehen.
Es würde nicht einfach werden, aber zu bleiben war keine Option mehr. Selbst wenn es bedeutete, als Dienstmädchen zu arbeiten oder Toiletten zu putzen, um zu überleben – sie würde alles tun, um ihrem Baby ein besseres Leben zu ermöglichen.
Sie stellte die Dusche an und schrubbte ihre Haut mit einer Heftigkeit, die dem Aufruhr in ihrem Herzen entsprach. Aber kein Wasser der Welt konnte die Scham und den Schmerz abwaschen, den Magnus ihr zugefügt hatte.
Während das Wasser über ihren Körper prasselte, dachte Vivienne an Alice, ihre ehemals beste Freundin, die sie davor gewarnt hatte, Magnus zu heiraten. Alice hatte die Warnsignale gesehen, für die Vivienne, von Liebe geblendet, zu blind gewesen war.
Du wirst diese Entscheidung eines Tages bereuen, hatte Alice gesagt.
Vivienne hasste es, wie recht Alice gehabt hatte.
Das Geräusch der zufallenden Haustür riss sie zurück in die Gegenwart. Sie wickelte sich in ein Handtuch und trat aus dem Badezimmer, ihr Herz raste.
Magnus war vorerst weg, aber sein Schatten blieb zurück und erstickte sie mit seiner erdrückenden Gegenwart.
Zum ersten Mal seit Jahren erlaubte Vivienne sich, etwas zu fühlen, von dem sie geglaubt hatte, es ganz verloren zu haben – Hoffnung.
Hoffnung auf eine Zukunft, in der sie ihr Kind ohne Angst großziehen konnte. Hoffnung auf ein Leben frei von Magnus’ Grausamkeit.
Doch als sie aus dem Schlafzimmerfenster in die kalte, dunkle Nacht blickte, schlich sich ein eisiger Gedanke in ihren Kopf.
Würde Magnus sie jemals wirklich gehen lassen?
