Kapitel 3

Adelaide

Die rauen Hände, die uns von den Pferden zogen, gehörten einer Frau mit strengem Gesicht, deren kalte graue Augen die effiziente Grausamkeit eines Menschen zeigten, der jahrzehntelang dem Werwolf-Adel gedient hatte.

„Ich bin Elena, die Haushälterin“, verkündete sie, ihre Stimme trug das Gewicht absoluter Befehlsgewalt. „Ihr werdet meinen Anweisungen genau folgen, sonst werdet ihr eure erste Nacht in der Festung Lycandor nicht überleben.“

Elena führte uns durch Korridore, gesäumt mit Porträts von wilden Werwolf-Kriegern, deren gemalte Augen unseren Fortschritt mit beunruhigender Intensität verfolgten. Das Geräusch unserer Schritte hallte von den gewölbten Decken wider und vermischte sich mit den entfernten Heulen, die selbst diese dicken Mauern durchdrangen.

„Wohin bringt ihr uns?“ fragte ich und kämpfte darum, meine Stimme ruhig zu halten.

Elena lachte, aber ohne Wärme. „Um euch auf euren wahren Zweck hier vorzubereiten, kleines Lamm.“

Wir stiegen eine Wendeltreppe hinab, die Temperatur fiel mit jedem Schritt, bis ich meinen Atem in der kalten Luft sehen konnte. Unten stieß Elena schwere Holztüren auf und enthüllte eine geräumige Badehalle.

„Ausziehen“, befahl Elena, ihr Ton duldete keinen Widerspruch. „Beide. Ihr stinkt nach der Straße und menschlicher Schwäche.“

Als ich zögerte, deutete sie auf zwei kräftige Wachen, die uns gefolgt waren. „Ihr könnt eure Kleidung freiwillig ablegen, oder sie werden es für euch tun. Die Wahl liegt bei euch.“

Mit zitternden Fingern begannen Thalia und ich, uns auszuziehen. Die Wachen beobachteten uns mit offensichtlichem Interesse, ihre gelben Augen glänzten im Fackellicht. Ich zwang mich, ruhig zu bleiben, die Würde der Prinzessin zu bewahren, die ich war, auch wenn ich nackt und verletzlich vor unseren Entführern stand.

Elena musterte uns mit der klinischen Distanz einer Person, die Vieh begutachtet. „Ins Wasser. Ihr werdet gründlich gereinigt.“

Das Wasser war fast kochend, und ich keuchte, als es über meine Schultern schloss. Weibliche Dienerinnen traten aus den Schatten, schrubbten uns mit rauen Tüchern und scharfer Seife, die meine Haut brannte.

„Sagt mir“, begann ich vorsichtig, während sie arbeiteten, „welcher Dienst wird von uns verlangt?“

Elena's Miene veränderte sich nicht. „Ihr werdet als Bluts-Sklaven dem Biest dienen—dem großen König Lycanthar, der allen Verstand an die Wildnis verloren hat. Er kennt jetzt nichts anderes als Blutdurst und den Drang zu paaren. Ihr werdet für beide Gelüste sorgen.“

Die Worte trafen mich wie ein körperlicher Schlag. Thalias Gesicht wurde weiß wie der Marmor unter unseren Füßen, und ich sah, wie ihre Hand instinktiv zu ihrer Kehle wanderte.

„Nein“, sagte ich fest und erhob mich aus dem Wasser, trotz der plötzlichen Alarmbereitschaft der Wachen. „Ich werde ein solches Schicksal nicht akzeptieren. Ich würde lieber sterben.“

Elena's kaltes Lächeln war wie Winterfrost. „Widerstand wird euch nur Schmerzen bringen. Gehorsam könnte euch kleine Gnaden einbringen.“ Aus ihrem Gürtel zog sie ein kleines Kristallfläschchen, gefüllt mit einer blassgrünen Flüssigkeit. „Das wird euren Übergang in euer neues Leben erleichtern.“

„Ich werde nicht—“ begann ich, aber Elena hatte das Fläschchen bereits entkorkt. Ein süßer, aufdringlicher Duft erfüllte die Luft, ließ meinen Kopf sofort schwindeln.

„Haltet sie fest“, befahl sie.

Die Wachen packten uns mit unmenschlicher Stärke. Ich kämpfte verzweifelt, als Elena das Fläschchen an meine Lippen zwang, die Flüssigkeit brannte in meiner Kehle, als ich gezwungen wurde, sie zu schlucken. Neben mir erging es Thalia ebenso, ihre Augen weit vor Angst, als die Substanz zu wirken begann.

Die Welt begann, sich um mich zu drehen. Meine Glieder wurden schwer, und Dunkelheit kroch von den Rändern meines Blickfeldes herein. Das Letzte, was ich hörte, war Elenas Stimme, fern und verzerrt: „Wenn ihr erwacht, wird eure wahre Ausbildung beginnen.“


Kälte.

Das Gefühl drang wie Eismesser in mein Bewusstsein, zog mich aus der betäubten Dunkelheit in eine Realität, die schlimmer war als jeder Albtraum. Mein Körper fühlte sich bleiern an, jeder Muskel schmerzte, als wäre ich geschlagen worden. Die Luft um mich herum trug Düfte, die meinen Magen umdrehten—Blut, Moschus und etwas Wildes, Tierisches, das die primitivsten Teile meines Gehirns ansprach.

Ich lag auf rauem Stein, nackt und zitternd, in völliger Dunkelheit. Als ich versuchte, mich zu bewegen, fühlten sich meine Glieder fremd und unsicher an. Panik packte meine Brust, als die Erinnerungen zurückkehrten—Elena, das Fläschchen, die schreckliche Wahrheit über unser Schicksal.

„Thalia?“ flüsterte ich, meine Stimme kaum hörbar in der bedrückenden Stille.

Meine suchende Hand fand warme Haut neben mir, und Erleichterung durchflutete mich, als ich das gleichmäßige Heben und Senken des Atmens spürte. Ich schüttelte sie sanft, dann dringlicher, als sie nicht reagierte.

„Thalia, wach auf. Bitte.“

Ihre Augen öffneten sich flatternd und reflektierten das wenige Licht, das in diesem Ort existierte. Einen Moment lang starrte sie mich verwirrt an, dann kehrte das Bewusstsein zurück und sie setzte sich abrupt auf, die Scham angesichts unserer Umstände vergessen.

„Wo sind wir?“ fragte sie, ihre Stimme rau und verängstigt.

Bevor ich antworten konnte, hallte ein Geräusch durch die Kammer, das mein Blut in den Adern gefrieren ließ. Es war weder ganz menschlich noch gänzlich tierisch—ein tiefes, grollendes Knurren, das von einer Intelligenz sprach, die von bestialischem Hunger verdorben war. Das Geräusch schien von überall und nirgendwo zu kommen, hallte von steinernen Wänden wider, die ich nicht sehen konnte.

„Oh, Mondgöttin,“ hauchte Thalia, und ich wusste, dass sie es ebenso klar verstand wie ich.

Wir befanden uns in derselben Kammer wie das Biest.

Ich zog Thalia nah an mich, beide bemüht, die Dunkelheit um uns herum zu durchdringen. Das Knurren setzte sich fort, manchmal nah, manchmal fern, aber immer präsent—eine ständige Erinnerung daran, dass wir diesen Raum mit etwas teilten, das einst der größte König in der Werwolfgeschichte gewesen war.

Dann sah ich sie—zwei rote Lichtpunkte, die im Dunkeln glühten und sich mit räuberischer Anmut näherten. Das Biest war riesig, seine Schulter reichte mir leicht bis zum Kopf, selbst wenn es auf allen Vieren ging. Silberweißes Fell bedeckte seinen massiven Körper, und als es näher kam, konnte ich die einzelnen Muskeln unter diesem prächtigen Pelz erkennen.

Das war Lycanthar—oder was von ihm übrig war.

Das Biest bewegte sich zuerst auf Thalia zu, sein großer Kopf senkte sich, um sie mit diesen brennenden roten Augen zu mustern. Sie blieb vollkommen still, als eine riesige Pfote, Klauen ausgestreckt, ihre nackte Schulter berührte, als ob sie eine exotische Beute untersuchte.

Doch dann richtete sich seine Aufmerksamkeit auf mich, und alles änderte sich.

Der Kopf des Biests drehte sich in meine Richtung, und ich sah, wie sich die roten Augen verengten, als es meinen Duft aufnahm. Ein Laut kam aus seiner Kehle—nicht ganz ein Knurren, aber etwas, das von Wiedererkennung sprach, die gegen den Schleier des bestialischen Wahnsinns kämpfte.

Ich starrte in diese brennenden roten Augen, und ich fühlte etwas Grundlegendes in mir verschieben—etwas, das mein ganzes Leben lang geschlafen hatte, plötzlich erwachte. Hitze blühte tief in meinem Bauch auf und breitete sich wie flüssiges Feuer durch meine Glieder.

Adelaide, meine Braut...

Mein Atem beschleunigte sich, und mein rationaler Verstand schrie mich an zu fliehen, aber mein Körper verriet mich. Ein Zittern, nicht ganz aus Angst, sondern aus einem unbekannten, urtümlichen Verlangen, ließ meinen Körper sich unwillkürlich leicht dem Biest entgegenwölben.

Was passiert mit mir?

Ich konnte etwas tief in mir spüren, eine uralte Macht, die mein ganzes Leben lang geschlummert hatte und nun an die Oberfläche drängte. Der Verbergungszauber, den Thalias Vater um das Mal gewoben hatte, begann zu reißen und zu brechen, magische Fäden lösten sich, als das, was in mir erwachte, stärker war als sein sorgfältiger Zauber.

Hitze strahlte vom Mal aus und breitete sich in Wellen über meine Haut aus, die mich keuchen und mich unwillkürlich wölben ließen. Durch den Schleier der Empfindungen hörte ich wieder diese uralte Stimme, klarer nun:

Meine Braut. Du bist endlich zu mir gekommen.

Aber dieses Mal wusste ich mit erschreckender Gewissheit, dass die Stimme nicht vom Biest kam.

Sie kam aus mir.

Und als die roten Augen des Biests die meinen hielten, als mein verräterischer Körper nach seiner Berührung verlangte, erkannte ich die schrecklichste Wahrheit von allen:

Es gab kein Entkommen—weder vor ihm noch vor dem, was ich wurde.

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