Kapitel 3: Riley

Der Raum ist düster, nur eine einzige Glühbirne baumelt über uns und wirft Schatten auf den Kerl vor mir. Meine Fingerknöchel sind wund, aber ich spüre den Schmerz nicht. Jedenfalls noch nicht. Ich umklammere die Armlehnen des Stuhls und beuge mich so nah zu ihm, dass er meinen Atem auf seinem Gesicht spüren kann.

„Wer ist sie?“, knurre ich in der Hoffnung, dass er diesmal einknickt.

Aber er sieht nur mit diesem selbstgefälligen Lächeln zu mir auf, Blut rinnt aus seiner aufgeplatzten Lippe, seine Augen funkeln trotzig. So ist er schon die ganze Nacht, tut so, als hätte er nichts zu verlieren, als wüsste er nicht, wie einfach es für mich wäre, dem Ganzen ein Ende zu setzen.

„Vielleicht hast du mich nicht gehört“, sage ich, richte mich auf und wische meine Hände an meiner Jeans ab. Langsam umrunde ich ihn und lasse die Ketten rasseln, als er versucht, sich auf dem Stuhl zu bewegen. „Wer ist das Mädchen? Die, die dein Boss kaufen will. Ich will einen Namen.“

Er spuckt Blut auf den Boden und schenkt mir dasselbe überhebliche Grinsen. „Glaubst du, ich verrate dir das? Du verschwendest deine Zeit.“

Ich balle die Fäuste und widerstehe dem Drang, ihn einfach k.o. zu schlagen. Das würde mir nichts bringen. Ich brauche Antworten. Er ist meine einzige Spur bei diesem Deal, und meine Geduld ist am Ende.

„Hör zu“, sage ich und halte meine Stimme ruhig und gelassen. „Das Geld ist mir egal. Es ist mir egal, wer am Ende was bekommt. Ich muss nur wissen, wer sie ist. Wenn du es mir sagst, lasse ich dich hier unversehrt rausspazieren.“

Er lacht, ein raues, kratzendes Geräusch, das von den Betonwänden widerhallt. „Glaubst du, ich habe Angst vor dir? Du bist nur ein weiterer Bauer im Spiel, Riley. Du hast ja nicht mal eine Ahnung, mit wem du dich anlegst.“

Ich beuge mich wieder nah zu ihm, packe ihn am Kragen und ziehe ihn nach vorne, bis unsere Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt sind. „Da hast du recht“, sage ich, kaum lauter als ein Flüstern. „Ich weiß nicht, mit wem ich mich anlege. Aber ich weiß, dass du nicht herausfinden willst, wozu ich bereit bin.“

Sein Grinsen verblasst, aber er hält den Mund. Ich kann sehen, wie es in seinem Kopf rattert, wie er versucht herauszufinden, ob ich bluffe. Ich lasse seinen Kragen los und stoße ihn zurück in den Stuhl. Er zuckt zusammen, als die Ketten in seine Handgelenke schneiden, aber er sagt kein Wort.

Einer meiner Leute, Danny, tritt vor und wirft mir einen Lappen zu, damit ich meine Hände abwischen kann. „Willst du weitermachen, Boss?“, fragt er mit leiser Stimme. Er hat diesen ganzen Mist mit mir durchgestanden, zusammen mit zwei anderen, Nate und Leo. Wir sind alle aus demselben Grund hier: Wir wollen raus. Aber dafür brauchen wir ein Druckmittel. Und dieses Mädchen, wer auch immer sie ist, ist unsere Eintrittskarte in die Freiheit.

Ich nicke und wische mir über die Knöchel. „Ja. Er hat noch mehr zu sagen. Er braucht nur etwas Ermutigung.“ Ich sehe den Kerl wieder an und verenge die Augen. „So wird das jetzt laufen: Du sagst mir, was ich wissen will, und du spazierst hier raus. Du hältst den Mund, und ich verspreche dir, du wirst diesen Ort auf eine Weise verlassen, die dir nicht gefallen wird. So einfach ist das.“

Er starrt mich an, sein Kiefer ist angespannt. Für einen Moment denke ich, er gibt nach, aber dann schüttelt er den Kopf. „Du glaubst, du kannst sie dir einfach nehmen? Ihr seid nicht die Einzigen, die einen Ausweg suchen.“

Ich ziehe eine Augenbraue hoch, meine Neugier ist geweckt. „Sie ist also der Schlüssel. Was, glaubst du, dein Boss wird sie einfach so übergeben?“

Sein Schweigen ist die Bestätigung, und ich wechsle einen Blick mit Danny, der nickt. Wir sind da an etwas dran. Dieses Mädchen, wer auch immer sie ist, ist wichtig genug, dass sich beide Seiten um sie streiten. Und wenn wir sie zuerst in die Finger bekommen, haben wir vielleicht eine Chance auf unsere Freiheit.

„Letzte Chance“, sage ich, trete einen Schritt zurück und lasse meine Fingerknöchel knacken, mehr für den Effekt als alles andere. „Sag mir, wer sie ist, und die ganze Sache ist hier und jetzt vorbei.“

Er sieht mich an, und für den Bruchteil einer Sekunde glaube ich, er würde auspacken. Aber dann presst er die Kiefer zusammen und starrt mich trutzig an.

„Na gut“, sage ich und zucke mit den Schultern. „Wie du meinst.“

Ich wende mich an Danny, Nate und Leo, die sich bereits in Bewegung setzen, bereit, alles zu tun, was nötig ist, um zu bekommen, was wir brauchen. Die Zeit der Nettigkeiten ist vorbei. Wenn das der einzige Ausweg ist, dann sei es so. So oder so, wir werden dieses Mädchen finden. Und wenn wir das geschafft haben, steigen wir aus diesem Leben aus, und zwar für immer.

Ich nicke Nate zu, der etwas abseitssteht, die Arme vor der Brust verschränkt, und mit seinem stählernen Blick zusieht. Ich spüre, wie die Spannung steigt, als unser Mann auf dem Stuhl unruhig wird und endlich zu schwitzen beginnt.

„Siehst du meinen Freund Nate hier?“, frage ich und schenke ihm ein langsames Lächeln. „Er ist um einiges fieser als ich. Tatsächlich hat der letzte Kerl, der auf diesem Stuhl saß, das Tageslicht nicht wiedergesehen.“

Nate tritt vor, und sofort fühlt sich der Raum kleiner an, als würden sich die Wände auf uns zu bewegen. Er ist gebaut wie ein Panzer, locker über eins achtzig groß, mit Schultern, die so breit sind, dass sie das Licht zu verschlucken scheinen. Sein schwarzes Haar fällt ihm unordentlich in die Stirn und umrahmt ein Gesicht, das nie mehr als einen Hauch von Gefühl zeigt. Tattoos bedecken ihn, dicke schwarze Linien, die sich seine Arme hochschlängeln, sich um seinen Hals winden und im Kragen seines Hemdes verschwinden. Sie sind nicht nur zur Schau da – jedes einzelne hat eine Bedeutung, eine Erinnerung an die Dinge, die er getan hat, und die Leute, mit denen er es zu tun hatte. Sogar seine Hände sind gezeichnet, seine Finger mit Symbolen tätowiert, die für andere vielleicht wie abstrakte Muster aussehen, aber ich kenne die Geschichten hinter jedem einzelnen.

Der Kerl auf dem Stuhl versucht, den Harten zu spielen, aber ich sehe, wie er ins Wanken gerät, als Nate näher kommt. Nate muss nicht viel sagen. Er lässt einfach seine Präsenz für sich sprechen, und im Moment ist diese laut und deutlich. Er lässt langsam seine Fingerknöchel knacken, ein bedachtes, beunruhigendes Geräusch, das im Raum widerhallt. Der Kerl zuckt zusammen, sein Blick schießt von Nate zu mir und wieder zurück.

Nate beugt sich hinunter, direkt vor das Gesicht des Mannes, seine dunklen Augen kalt und ohne zu blinzeln. „Also, du willst den Harten spielen?“, murmelt er, seine Stimme tief und gleichmäßig, aber mit einer Schärfe, die Glas schneiden könnte. „Ich habe den ganzen Tag Zeit, und glaub mir – du willst nicht herausfinden, was passiert, wenn ich sie nutzen muss.“

Die Atmung des Mannes beschleunigt sich, und ich sehe, wie die Entschlossenheit aus seinem Gesicht weicht. Nate steht da, ragt über ihm auf, jeder Muskel angespannt, als wäre er bereit zum Sprung. Der Kerl weiß, dass er zwei Möglichkeiten hat: reden oder sich mit Nate anlegen. Und ich glaube nicht, dass er scharf darauf ist, zu sehen, was Nate geplant hat.

Ich lehne mich zurück, verschränke die Arme und lasse Nate seine Magie wirken. Das haben wir schon oft gemacht, unzählige Male. Ich weiß, wie das endet, und der Kerl auf dem Stuhl weiß es auch. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis er bricht.

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