Kapitel Sieben — Neugier
Am nächsten Morgen begann für Eira ihr erster Arbeitstag.
Cass schenkte ihr ein sanftes Lächeln, reichte ihr einen Eimer und einen Lappen und zeigte ihr, wo die Wäsche aufbewahrt wurde. Eira beklagte sich nicht. Sie schrubbte, faltete und holte Wasser mit stiller Sorgfalt, dankbar für die Ablenkung.
Sie brachte gerade ein Tablett in die Küche zurück, als sie es hörte – Stöhnen, tief und rhythmisch, gedämpft von einer halb geschlossenen Tür.
Ihre Schritte verlangsamten sich.
Es war Cass’ Stimme.
Nicht die verspielte, die sie beim Frühstück benutzte. Nicht der freundliche, beruhigende Ton, mit dem sie Eira ins Bad begleitet hatte. Nein – das hier war etwas völlig anderes. Es war gebrochen, atemlos. Fast flehend.
Eira erstarrte vor dem Zimmer, das Tablett in der Hand, ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen. Die Tür stand nur einen Spalt breit offen, gerade genug, um flackerndes Lampenlicht und sich bewegende Schatten zu erhaschen.
Sie hätte weggehen sollen.
Doch stattdessen drückte ihre Hand sanft gegen das Holz. Sie stieß die Tür ein kleines Stück weiter auf.
Cass lag auf dem Rücken, die Beine fest um die breite Taille eines Mannes geschlungen. Ihr Körper wölbte sich unter ihm, gerötet und schweißglänzend, ein Arm über ihren Kopf geworfen, während der andere sich in seine Schulter krallte. Ihre Brüste hüpften bei jedem gnadenlosen Stoß. Der Rücken des Mannes war von Muskelsträngen durchzogen, seine Hüften schnellten in einem brutalen Rhythmus nach vorn, der das Bett unter ihnen quietschen ließ. Sein Gesicht war in ihrem Hals vergraben, seine Zähne schabten über ihre Haut – kein Beißen, nur ein Inbesitznehmen, ein Sich-in-ihr-Verankern.
Cass stöhnte, atemlos und wild, ihre Augenlider flatterten zu. Eines ihrer Beine zitterte, als er tief in ihr etwas traf, wieder und wieder. Das Geräusch ihrer Körper – Haut auf Haut, nass und glitschig – vermischte sich mit den gutturalen Grunzlauten, die seiner Brust entwichen.
Sie flüsterte etwas, das Eira nicht verstehen konnte. Eine Bitte? Ein Fluch?
Dann fuhr seine Hand zwischen ihre Körper und Cass schrie auf – scharf, hoch, wunderschön. Ihr Rücken spannte sich wie eine straff gezogene Bogensehne.
Eira stockte der Atem. Ihre Wangen glühten.
Ihre Beine wollten sich nicht bewegen. Ihr Körper gehorchte nicht.
Eira stockte der Atem. Sie rührte sich nicht.
Einen langen Moment lang sah sie einfach nur zu.
Der Mann hielt inne.
Er hob den Kopf.
Seine Augen trafen ihre.
„Geh raus“, knurrte er. „Oder komm rein.“
Eira ließ das Tablett fallen und rannte los.
Hitze schoss ihr ins Gesicht, Scham brannte hinter ihren Augen, während sie den Flur entlangfloh.
Doch unter der Panik … brodelte Neugier.
Später, als es im Haus still geworden war und Eira allein in der Küche saß und so tat, als hätte sie zu tun, erschien Cass – ihre Wangen gerötet, ihr Haar ein wildes Durcheinander, ein träges Grinsen auf den Lippen. Sie schenkte sich ein Glas Wasser ein und lehnte sich gegen die Anrichte, wobei sie Eiras Blick auffing.
„Du hast Fragen“, sagte Cass leise, nicht unfreundlich.
Eira schluckte. Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Klingt das immer so?“
Cass kicherte, tief und kehlig. „Manchmal ist es sanfter. Manchmal ist es rauer. Kommt auf den Tag an … und auf den Partner.“
Eiras Gesicht wurde purpurrot. „Tut es weh?“
Cass legte den Kopf schief und überlegte. „Das erste Mal? Vielleicht. Aber mit der richtigen Person … hört es verdammt schnell auf, wehzutun.“
Eira zögerte. „Er war … in dir drin?“
Cass nickte, durchquerte dann den Raum und setzte sich neben sie. „Es geht nicht nur um die Mechanik, Eira. Es geht um Macht. Hingabe. Manchmal sogar um Bedürfnis. Was du gesehen hast – er musste sich den Schmerz aus dem Leib ficken. Ich musste es ihn tun lassen.“
Eira stockte der Atem. „Ich wollte nicht zusehen.“
Cass schenkte ihr ein kleines Lächeln. „Du musstest es sehen. Das ist besser als Geschichten zu hören.“
Sie saßen einen Moment länger schweigend da, bevor Cass sie sanft anstupste. „Wenn du bereit bist, mehr zu verstehen, dann komm zu mir. Aber überstürze nichts. Neugier ist gut. Angst ist normal. Lass dich nur von keinem von beiden beherrschen.“
Eira nahm sich Cass’ Worte zu Herzen.
Die folgenden Tage fanden einen ruhigen Rhythmus. Eira stand mit der Sonne auf, half in den Küchen, schrubbte die Böden, kümmerte sich um die Wäsche und entzündete manchmal die Feuer in den oberen Zimmern. Sie beklagte sich nie. Ihre Hände wurden rauer, ihr Rücken schmerzte mehr, aber jede Münze, die sie wegsteckte, fühlte sich wie ein kleiner Sieg an.
Sie gab keinen einzigen Cent aus.
Sie sparte – methodisch, zwanghaft. Sie bewahrte ihre Einnahmen unter einer losen Diele unter ihrem Bett auf. Jede Woche ein bisschen mehr, bis der Stoffbeutel schwerer wurde.
Sie hatte einen Plan.
Sie würde wieder gehen – nicht aus Angst, sondern um weiter wegzukommen. Um richtig zu verschwinden.
Das Bordell war eine Zuflucht gewesen, eine Pause im Sturm.
Aber sie brauchte Abstand zu ihrer Vergangenheit, zu dem, was der Name Eira einst bedeutet hatte.
Sie musste eine völlig andere Person werden.
In den folgenden Wochen wurden Eira und Cass schnell Freundinnen. Ihre Gespräche zogen sich bis in die späten Stunden, durchwoben von Lachen, geflüsterten Wahrheiten und kleinen Annehmlichkeiten, die die Risse zwischen Überleben und Heilung füllten. Cass bohrte nie nach. Sie bot Eira einfach den Raum, sie selbst zu werden – wer auch immer das sein mochte.
Eira arbeitete mit stiller Entschlossenheit und übernahm jede angebotene Aufgabe. Sie fegte die Böden, kümmerte sich um die Feuer, trug Wasser, bis ihr die Arme schmerzten, und lernte, Laken zu flicken und Vorhänge zu flicken. Jede Münze, die sie verdiente, wurde in einen kleinen Stoffbeutel gesteckt, der unter ihrer Matratze versteckt war.
Sie gab keine einzige aus.
Sie sparte – jedes Kupferstück, jedes Silberstück. Denn sie hatte einen Plan: zu gehen. Vollständig zu verschwinden. Dieser Ort hatte ihr Sicherheit gegeben, aber er war nicht ihr Ziel. Sie brauchte Raum, Abstand – Freiheit, nicht nur dem Namen nach.
Eines Abends, nach einem ihrer vielen nächtlichen Gespräche, saß Eira im Schneidersitz neben Cass auf deren schmalem Bett und klaubte die letzten Krümel eines süßen Brötchens auf.
Sie war still. Zu still.
Cass neigte den Kopf. „Was geht dir durch den Kopf, Täubchen?“
Eira zögerte, dann fragte sie flüsternd: „Wie viel würde es einbringen … wenn ich sie verliere? Meine Jungfräulichkeit.“
Cass blinzelte. Ihr Gesicht wurde weicher, aber in ihren Augen lag etwas Schweres.
„An den richtigen Mann?“, sagte sie vorsichtig. „Mehr, als du denkst. Manche würden ein Vermögen zahlen, nur um etwas Unberührtes zu ruinieren.“
Eiras Kehle wurde eng. Sie blickte auf ihre Hände hinab. „Genug, um irgendwo weit weg neu anzufangen?“
Cass antwortete nicht sofort. Aber ihr Schweigen sagte genug.
Und Eira begann sich zu fragen, was sie wirklich bereit war einzutauschen, um jemand Neues zu werden.
