Kapitel 1

Mein Leben hätte ganz anders verlaufen können, als es jetzt ist. Ich bin ein Findelkind, ein Waisenkind – zumindest nehme ich das an. Ich habe mir nie wirklich die Mühe gemacht, meine leibliche Familie zu suchen. Sie haben mich im Stich gelassen, aber dadurch habe ich etwas Besseres gefunden. Das Rudel, das mich fand und aufnahm, weiß nichts über meine Vergangenheit, und ich selbst auch nicht.

Hier stehe ich nun, mitten in diesem atemberaubenden Ballsaal, in einem beeindruckenden und riesigen Rudelhaus, und erledige eine meiner liebsten Aufgaben: die Dekoration für eine Veranstaltung des Rudels. Diesmal ist es ein Paarungsball.

Alle heiratsfähigen Junggesellen und Junggesellinnen aus den befreundeten Nachbarrudeln werden hier sein, um zu sehen, ob sie ihren Gefährten finden können. Nicht jeder wird diesen besonderen Menschen finden, den die Mondgöttin quasi für uns geschaffen hat, aber es ist auch eine gute Gelegenheit, unsere Bündnisse zu stärken und uns einfach zu amüsieren, Kontakte zu knüpfen, anstatt ständig nur über geschäftliche Angelegenheiten zu reden.

Die Rudel veranstalten das ganze Jahr über die verschiedensten Zusammenkünfte, aber Paarungsbälle finden in der Regel vierteljährlich statt, jedes Mal ausgerichtet von einem anderen Rudel. Dieses Mal sind wir an der Reihe, Amor zu spielen.

Es gibt sieben benachbarte Rudel, mit denen wir enge Beziehungen pflegen, und wir alle nehmen an den arrangierten Treffen teil; mit unserem sind es acht: das Mondlicht-Rudel.

Es gibt noch viele weitere Rudel in größerer Entfernung. Wir sind weiter verbreitet, als man vielleicht denkt, wir sind nur sehr gut darin, uns in die menschliche Gesellschaft zu integrieren. Mit einigen dieser anderen Rudel haben wir keine guten Beziehungen, aber das ist in Ordnung. Als dominante Spezies werden wir uns nicht alle vertragen, und so kommt es manchmal zu Kriegen. Deshalb ist es wichtig, die Beziehungen zwischen den Rudeln zu pflegen. Aufgrund der loyalen Natur eines Wolfes kann man sich auf sie absolut verlassen, sollten wir in irgendeiner Form Hilfe benötigen, sei es im Kampf gegen ein feindliches Rudel oder bei Angriffen von Streunern.

Einen Streuner erkennt man normalerweise leicht. Ihr Geruch ähnelt dem von etwas Verrottendem oder Totem und ist extrem stechend. Es sind Wölfe, die aus den verschiedensten Gründen keinem Rudel angehören.

Sie könnten als Strafe für ein Verbrechen verstoßen worden sein, ihr Rudel wurde bei einem Angriff ausgelöscht, sie haben ihren Gefährten verloren oder sie sind wegen einer Rudelführung gegangen, der sie nicht folgen wollten.

Werwölfe sind sehr dominante Kreaturen, und manchmal hat ein normales Rudelmitglied das Gefühl, besser für eine Machtposition geeignet zu sein, und fordert einen Mann um seinen Titel heraus. Meistens verlieren sie diese Herausforderung, da Deltas, Gammas, Betas und besonders Alphas an Stärke und Intelligenz weit überlegen sind und ihr ganzes Leben lang von den Besten der Besten trainiert werden. Fast alle Männer in mächtigen Positionen werden in diese hineingeboren und darauf konditioniert, noch bevor sie überhaupt sprechen können. Der Herausforderer überlebt nur sehr selten, um ein Streuner zu werden.

Aber zurück zu dem Grund, warum ich hier wie bestellt und nicht abgeholt stehe und staune: Gefährten. Oh, meine süße Göttin. Einen Gefährten zu haben, ist mit nichts anderem auf dieser Welt zu vergleichen, so wird es mir zumindest erzählt.

Wenn ein Wolf achtzehn wird, wird plötzlich dieses natürliche Navi aktiviert. Sobald unsere Gefährten in einer bestimmten Entfernung sind, spüren unsere inneren Wölfe sie und drängen uns zu ihnen. Beim ersten Anblick verschwimmt alles andere, niemand und nichts existiert mehr, nur die beiden Wesen, die voreinander stehen. Dieser erste Kuss, diese erste Berührung. Sie sind mit nichts zu vergleichen, was man je zuvor erlebt hat, und nichts, was zukünftige Berührungen je erreichen werden. Jede Berührung ist besser und elektrisierender als die letzte. Meine Lippen kribbeln in Erwartung, meine Zukunft zu finden. Gedankenverloren fuhr ich mit den weichen Fingerspitzen über meine rosigen Lippen, während die Sehnsucht, meinen Gefährten zu finden, in mir anschwoll.

Der Drang, die Paarung zu vollziehen, ist augenblicklich. Um sie zu vollziehen, beißen sich die Partner gegenseitig in den unteren Halsbereich, nahe dem Schlüsselbein. Es ist ein euphorisches Gefühl, markiert zu werden, selbst wenn man vorher keinen Sex hatte, und als Wölfe haben wir einen unstillbaren sexuellen Appetit. Dem Sex mit unseren Gefährten können wir nicht lange widerstehen. Verdammt, nicht einmal für kurze Zeit. Mit dem Biss vermischen sich die Düfte beider Wölfe und hinterlassen eine Narbe, die sie im Grunde als Eigentum des anderen kennzeichnet. Es ist der beste Weg, um anderen Wölfen unmissverständlich zu zeigen, dass sie verpaart sind.

Manchmal jedoch schafft es irgendein Idiot, dem intensiven Drang zu widerstehen und den Gefährten zurückzuweisen, den die Mondgöttin für uns auserwählt hat. Das ist so schmerzhaft, dass die meisten Wölfe an dem unermesslichen und unerträglichen Schmerz sterben, den es ihnen zufügt. Manchmal weisen Wölfe den von der Göttin gegebenen Gefährten zurück und entscheiden sich für einen selbst gewählten Partner, um mehr Macht oder Stabilität zwischen den Rudeln zu erlangen oder um Allianzen zu schmieden. Es wird wie eine verdammte Geschäftstransaktion behandelt. Manche finden ihre Gefährten und akzeptieren oder weisen einander weder zurück. Auch das verursacht immensen Schmerz, weil sich unsere Wölfe sofort miteinander verbinden. Sobald wir unserem vorbestimmten Gefährten begegnen und bis wir ihn zurückweisen – und besonders nach der Paarung –, wird Untreue von dem anderen Wolf tief und schmerzhaft empfunden. Es hilft auch nicht, dass die Zurückweisung vom Zurückgewiesenen ebenfalls akzeptiert werden muss.

Im Laufe der Jahre habe ich viele Wölfe gesehen, die an ihrem achtzehnten Geburtstag aufwachten und aufgeregt aus einem Schlafzimmer und über das Rudelterritorium rannten, nur wegen dieses einen köstlichen und unwiderstehlichen Duftes, der sie wie ein Güterzug traf. Sie bewegen sich so schnell; keine Zeit der Welt ist kurz genug, bis sie aufeinanderprallen und sich umarmen. Das heißt aber nicht, dass ich nicht auch die eine oder andere Zurückweisung miterlebt hätte. Dieser Mist ist herzzerreißend anzusehen, und es ist unmöglich, sich vorzustellen, was der zurückgewiesene Wolf fühlt.

Ich werde morgen achtzehn, gerade rechtzeitig für den Paarungsball am Abend, was die Chancen erhöht, meinen Gefährten zu finden. Ich sehne mich so sehr danach, ihn zu finden, jemanden, den ich mein Eigen nennen kann. Ich habe keine Blutsverwandten, da ich im Wald ausgesetzt wurde. Obwohl ich von Menschen umgeben bin, die sich um mich sorgen und mich lieben, bin ich einsam. Meinen Gefährten zu finden und eigene Welpen zu haben, würde mir bei so vielem von dem Schmerz helfen, den ich mit mir herumtrage, solange ich mich erinnern kann. Bedingungslose Liebe ist die größte Schönheit der Welt, und ich will sie, genau wie jeder andere auch.

Als ich als Welpe gefunden wurde, brachte man mich ins Rudelhaus, und dort bin ich seitdem geblieben. Der Alpha und die Luna haben mich immer wie ein eigenes Rudelmitglied behandelt, sogar wie einen ihrer eigenen Welpen. Aber es ist trotzdem nicht dasselbe. Sicher, ich habe eine enge Bindung zu ihnen und ein paar anderen, und ich schätze sie alle sehr und betrachte sie als meine Familie, aber manchmal frage ich mich, wie sich das Echte anfühlt. Eigentlich die meiste Zeit.

Als ich gefunden wurde, war ich ungefähr nur ein paar Monate alt. Alpha Brock, Luna Kae und das ganze Rudel feierten im Grunde einen beliebigen Tag als meinen Geburtstag, bis ich endlich meinen Wolf bekam. Jeder von uns bekommt seinen Wolf nämlich an seinem fünfzehnten Geburtstag. Es ist, als ob eine Barriere bricht und sie hereinströmen und wie ein hyperaktiver Welpe mit dir sprechen, bis wir uns in der Nacht unseres Geburtstags verwandeln. Dadurch erfuhr ich das Datum, das wir die ganze Zeit für mich hätten feiern sollen. Jede sogenannte „Feier“ ist für mich jedoch nur eine Erinnerung daran, dass mich da draußen jemand nicht wollte.

Alpha Brock und Luna Kaelyn haben zwei eigene Welpen. Der Älteste, Elijah, wird heute achtzehn, also ist der Ball morgen auch eine Feier für seine Volljährigkeit. Hoffentlich findet er auch unsere zukünftige Luna, er verdient wirklich jemanden Besonderen. Mit seinen eins vierundachtzig reiner, gottgleicher Muskeln, mausbraunem Haar mit natürlichen blonden Strähnen und seelenfesselnden grünen Augen könnte er jedes Mädchen haben, das er wollte. Aber seine Mama hat ihn gut erzogen, und er benimmt sich meistens. Er hatte natürlich Freundinnen, aber nichts Ernstes. Schließlich ist er ein junger männlicher Werwolf mit einem unstillbaren Appetit, und als Alpha geborene Werwölfe sind da sogar noch schlimmer.

Eli und sein Bruder Elliot könnten Zwillinge sein, perfekte Ebenbilder voneinander. Sogar bis hin zu ihren verspielten, frechen und verdammt sexy Persönlichkeiten. Aber gut, sie sind ja auch nur etwa ein Jahr auseinander, wobei Elliot der Jüngere und zweieinhalb Zentimeter kleiner ist. Ständig spielen sie Streiche und stiften gemeinsam Unruhe. Ich bin überrascht, dass Luna Kae sie nicht gegen ruhigere Welpen aus der Kinderstube ausgetauscht oder die Rotzlöffel nicht einfach kurzerhand um die Ecke gebracht hat.

Sie sind nie allein, wenn sie Chaos anrichten. Unser zukünftiger Beta und Elis bester Freund, Louis Allaway, und unser zukünftiger Gamma und Elis anderer bester Freund, Ajay Mullins. Zusammen sind sie das Dreamteam, so viel Testosteron und so göttinnenverdammt heiß, dass es illegal sein sollte.

Aber zurück zu der Schönheit, die sich vor mir entfaltet. Hohe, helle Wände, die zu unerreichbaren Decken führen. In der Mitte erstreckt sich über mindestens die Hälfte der Decke eine Glaskonstruktion, sodass wir von Mutter Naturs Wahl des Wetters und des Lichts umhüllt werden. Und jetzt gerade? Eine wunderschöne frühe Morgensonne beginnt, durch den nebligen Tagesanfang zu blinzeln. Selbst bei Regen und Sturm hätte die atemberaubende Kulisse immer noch eine beruhigende Wirkung auf mich und andere. Ich nehme an, das ist der Wolf in uns, wir lieben es, von Natur umgeben zu sein.

An einem Ende des gigantischen Raumes befindet sich eine Tanzfläche, groß genug für weit über hundert Gäste, mit einem erhöhten Bereich für den DJ, der alles überblickt. Am anderen Ende eine Bar mit schwarzer Marmorplatte, umgeben von überquellenden Holzregalen, die ihr ein rustikales Flair verleihen, und so groß, dass man mindestens fünf Mitarbeiter bräuchte, um sie zu besetzen. Voll bestückt mit genug Alkohol, um ein Schiff zu versenken, und es wird noch mehr kommen. Werwölfe neigen dazu, eine hohe Alkoholtoleranz zu haben und brauchen fast eine ganze Badewanne voll, um betrunken zu werden.

Zwischen der Tanzfläche und der Bar sind viele große, runde Tische im Raum verteilt, bedeckt mit Tischdecken und bereit, mit Gläsern, Besteck und allem, was für den Abend benötigt wird, eingedeckt zu werden. Große leere Vasen stehen in der Mitte jedes Tisches und warten darauf, mit den Unmengen von Blumen und Lichtern gefüllt zu werden, die gerade für die morgige Veranstaltung vorbereitet werden. Und hier stehe ich, verantwortlich für die Dekoration, und träume vor mich hin, sehe mit den Fingern an meinen gespitzten Lippen aus wie ein totaler Idiot.

„Hallo, Erde an Olivia?!“

So viel zu den Wolfssinnen. Mein Wolf scheint heute ein wenig faul zu sein, denn ich habe niemanden im Umkreis von anderthalb Kilometern gespürt. Ich zuckte zusammen und wirbelte nach links, wo eine laute Frauenstimme extrem nah neben mir gerufen hatte. Andere Mitarbeiter wuselten herum, um den Raum vorzubereiten, und ich glaube, auch ihnen ist das Herz aus der Brust gesprungen und in die Hose gerutscht. „Du verdammte Kuh! Du hast mich zu Tode erschreckt. Schlepp dich nie wieder so an und erschreck mich so, du Blödmann“, belehrte ich meine beste Freundin Pops, während ich nach ihr schlug und sie verfehlte. Ihr richtiger Name ist Poppy, aber was wäre eine beste Freundin, wenn sie keinen Spitznamen hätte, den sie hasst.

„Ich tanze und rede schon ewig direkt vor dir, du Dummkopf. Du stehst hier rum wie ein Wichser und starrst seit Ewigkeiten auf dieselbe Stelle an der Decke“, erwiderte sie und lachte, als wäre mein Trauma das Lustigste auf der Welt.

„Was willst du überhaupt? Du verdammte Fotze.“

„Ich wollte nachsehen, wie die Deko vorankommt, und hab dich in Trance gefunden, mit so einem komischen Gesichtsausdruck.“ Pops liebt es wirklich, Witze zu reißen, besonders auf Kosten anderer.

„Ha-fucking-ha, sehr witzig. Und meinst du nicht eher, du hast dich in der Küche gelangweilt und drückst dich jetzt vor der Arbeit?“ Die blöde Kuh kriegt ständig Ärger mit der Ober-Omega Marthe.

„Okay, okay, ich drücke mich. Aber Marthe hat heute echt Hummeln im Arsch da drin. Sie macht jedem die Hölle heiß!“ Seufzend ließ sich Pops fallen, als wäre ihr plötzlich die Luft ausgegangen, all ihre ein Meter achtzig pure, natürliche, blonde Schönheit. „Ich weiß, sie hat mit den ganzen Vorbereitungen und dem Scheiß viel zu tun, aber fick mich! Sie jagt in dieser Küche jedem eine Heidenangst ein! Also, entweder ich drücke mich, oder du hast sie gleich hier draußen, um uns allen den Arsch zu retten.“ Pops‘ Augen waren weit aufgerissen, die Arme ausgebreitet, um ihren Standpunkt zu unterstreichen.

„Jaaaaa …“, stöhnte ich weiter. „Dieses ganze Ding macht alle total verrückt und treibt sie in den Wahnsinn. Sie benehmen sich alle, als würden der Alpha-König und seine Familie persönlich kommen. Aber das Endergebnis wird es am Ende wert sein“, antwortete ich auf ihre Übertreibung.

„Ahhhh! Morgen die große Achtzehn! Ich freue mich so wahnsinnig für dich. Und für mich! Ich hoffe, wir finden morgen beide unsere Gefährten. Ich hoffe nur, sie sind beide aus demselben Rudel, damit wir uns immer noch ständig sehen können. Mein Gefährte ist offensichtlich nicht aus dem Mondlicht-Rudel, sonst hätte ich ihn schon gefunden. Selbst wenn wir sie nicht finden, haben wir wenigstens eine Ausrede, uns zu betrinken und die Sau rauszulassen. Und für uns beide wird es endlich legal sein. Ich freue mich so …“

Ich unterbrach ihr Geplapper, so schnell ich konnte, aber dieses Mädchen kann verdammt schnell reden.

„Halt die Klappe, Frau! Du redest dich ja um Kopf und Kragen“, lachte ich. „Ich kann es auch kaum erwarten, aber ich habe so eine gottverdammte Angst“, gab ich endlich zu. Ich gebe endlich jemandem gegenüber zu, dass ich meine Ängste, meinen Gefährten zu finden, verborgen habe, sogar vor meiner besten Freundin.

„Warum hast du so eine Angst vor morgen? Du solltest dich doch freuen, den Mann und den Wolf zu finden, die für dich bestimmt sind. Ich weiß, wie sehr du dich danach sehnst; du brauchst ihn“, fragt sie mich leise, und ihr ganzes Wesen verändert sich plötzlich von aufgedreht und quirlig zu dieser Person, der man sich öffnen und alles anvertrauen möchte. Und das ist auch einer der Hauptgründe, warum sie meine beste Freundin ist und ich sie so sehr liebe. Auch wenn sie mir manchmal gehörig auf die Nerven geht.

„Was, wenn ich ihn finde und er mich zurückweist?“, antwortete ich ihr niedergeschlagen, während Pops anfing, beruhigend mit ihren Händen meine Arme auf und ab zu streichen. „Ich wurde von meiner eigenen Familie verstoßen, warum sollte mein Gefährte es nicht auch tun?“

„Warum zum Teufel sollte dich jemand zurückweisen? Dazu müsste man schon blind, taub und verdammt dumm sein.“ Ich musste über ihre Argumentation kichern. Dieses Mädchen hat wirklich eine Art mit Worten, die die Scherben wieder zusammenzusetzen scheint, auch wenn alles noch zerbrechlich ist.

„Du bist meine beste Freundin; du würdest alles sagen, damit ich mich wie der tollste Wolf der Welt fühle. Auch wenn es nur Worte sind.“

„Wow, du bist echt ein verdammter Idiot. Du bist unglaublich. Du bist wunderschön, deine Augen sind atemberaubend, genau wie das Meer. Eine wunderschöne Mischung aus Blau- und Grüntönen inmitten der Wellen. Langes, dunkles Haar, das ein unschuldiges Babygesicht umrahmt.“ Langsam fuhr sie mir mit den Fingern durch mein langes, glattes Haar, hielt aber inne, als sie bei meinem verzogenen Gesicht zu kichern begann. „Zieh nicht so ein Gesicht bei mir, meine Liebe. Du bist freundlich, fleißig und das Beste von allem, du bist du. Und lass dir niemals von jemand anderem etwas anderes einreden.“

Als sie geendet hatte, umschlossen ihre warmen und vertrauten Hände mein Gesicht, während sie mich ansah. Ein sanfter Blick, der mir genau zeigte, wie viel Liebe sie für mich empfand.

Ich schlang schnell meine Arme um sie, als könnte sie jeden Moment verschwinden. Und es mag durch meine leisen Tränen und die verzweifelte Umarmung gedämpft gewesen sein, aber ich musste es ihr einfach sagen: „Ich liebe dich wirklich, Poppy.“

„Ich weiß, was du brauchst“, fuhr Pops fort, als ich mich weit genug zurückzog, um sie anzusehen, während sie sprach. „Einen Tag mit mir, an dem wir machen, worauf auch immer wir verdammt noch mal Lust haben.“ Dabei schenkte sie mir ihr „Ich-reite-uns-tief-in-die-Scheiße“-Gesicht und ein Wackeln ihrer gepflegten Augenbrauen.

„Oh verdammt, was zum Teufel denkst du dir aus? Oder will ich es gar nicht wissen? Denn ich bereue es jetzt schon, und ich habe noch nicht einmal zugestimmt.“ Ein Gefühl des Unheils begann sich bei Pops’ Vorstellung von einem guten Tag in meiner Magengrube auszubreiten.

Sie lachte nur wie ein wahnsinniger, verrückter Wolf über meine Angst, packte meine Hand und zerrte mich aus den Türen des Ballsaals, als hätte ihr ein Jäger einen glühenden Schürhaken an den Hintern gehalten.

‚Göttin, steh uns bei‘, meldete sich meine Wölfin Beaux aus dem Nichts.

‚Jetzt meldest du dich also, du kleiner Scheißer. Mal im Ernst, wo hast du gesteckt? Lass mich raten, geschlafen?‘

Sie lachte nur über meine Reaktion auf die Erkenntnis, wie still sie bei all den inneren Zwiegesprächen gewesen war, die ich vorhin mit mir selbst geführt hatte.

‚Warte nur, warte nur ab‘, drohte ich.

‚Oh Mist‘.

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